Die Geschichte der Bombe, die Oberst i.G. im Ge Claus Schenk Graf von Stauffenberg im Führerhauptquartier „Wolfsschanze“ zur Explosion brachte, kennen viele. Weniger bekannt ist, dass auf den versuchten Tyrannenmord auch ein Staatsstreich folgen sollte. Winfried Heinemann und Frank Reichherzer tauchen in dieser Folge von „Zugehört“ tief in die Ereignisse des 20. Juli 1944 und seine Folgen ein.
Was geschah noch am 20. Juli 1944?
Es war spät am Nachmittag des 20. Juli 1944, als Oberst Stauffenberg von der Wolfsschanze in den Berliner Bendlerblock – die Zentrale der Verschwörenden – zurückgekehrt war. Stauffenberg versicherte seinen Mitverschworenen den Tod Adolf Hitlers. Und nun begann nicht nur der Staatsstreich, sondern ein Wettlauf gegen die Zeit.
Was hatten die Verschwörenden geplant? Wie gingen Sie vor? Wie reagierte das NS-Regime? Was geschah überhaupt in den chaotischen Stunden des 20. Juli 1944? Was waren die Ziele nach einem erfolgreichen Umsturz? War der Putsch schon zu Beginn zum Scheitern verurteilt? Und warum brauchte Major Otto Ernst Remer, der von der NS-Propaganda und später von sich selbst gefeierte Held der Niederschlagung des Umsturzes, so lange für die knapp 2,5 Kilometer vom Reichspropagandaministerium – wo er mit dem lebenden „Führer“ telefonierte zum Bendlerblock,
Diesen und weiteren Fragen gehen Winfried Heinemann und Frank Reichherzer nach. Die beiden Historiker betrachten das „Unternehmen Walküre“ aus militärgeschichtlicher Perspektive und ordnen den Staatsstreich des 20. Juli in seine breiteren Kontexte ein.
Die Gesprächspartner
Oberst a. D. Prof. Dr. Heinemann war langjähriger Mitarbeiter und Chef des Stabes im Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr. Er hat intensiv zum 20. Juli geforscht. Seine Studie zum „Unternehmen Walküre“ ist in deutscher und englischer Sprache erschienen. Er ist Honorar-Professor an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg.
Dr. Frank Reichherzer ist Wissenschaftlicher Oberrat am ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr und Projektleiter des Leitthemas „Militär und Gewalt“. Aktuell forscht er zum Zusammenhang von Militär und Umwelt und hat sich in Lehre und Forschung immer wieder mit dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus beschäftigt.
Sebastian Elsbach (Universität Jena) und Dennis Werberg (ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr) sprechen über die größte republikanische Massenorganisation der Weimarer Republik, das „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“, sein Selbstverständnis und sein Wirken.
Schild und Stütze der Weimarer Republik
Vor rund 100 Jahren, nachdem die junge Weimarer Republik im „Krisenjahr 1923“ ihre bisher größte Belastungsprobe überstanden hatte, riefen überzeugte Republikaner im Februar 1924 einen besonderen Verband zum Schutz der Republik ins Leben – das „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold – Bund der republikanischen Kriegsteilnehmer“. Mit 1 bis 1,5 Millionen Mitgliedern bildete es in den Folgejahren die weitaus größte demokratische Massenorganisation. Zum einen übernahm das Reichsbanner den Schutz republikanischer Veranstaltungen und trat dabei auf der Straße Republikfeinden von links wie von rechts entgegen. Zum anderen strebte es danach, die Weimarer Demokratie durch die Verbreitung ihrer Symbole landesweit zum Durchbruch zu verhelfen. Als Veteranenverband vereinnahmte es die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg im Sinne der Republik und bot sich der Reichswehr vergeblich als Alternative zu der geheimen Zusammenarbeit mit den rechtsgerichteten Wehrverbänden an. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten sah sich das Reichsbanner brutaler Verfolgung ausgesetzt. Ihre Führer gingen teilweise ins Exil, andere schlossen sich dem Widerstand an.
Das ist das alte Reichspanier,
Das sind die alten Farben!
Darunter haun und holen wir
Uns bald wohl junge Narben!
Denn erst der Anfang ist gemacht,
Noch steht bevor die letzte Schlacht!
Pulver ist schwarz,
Blut ist rot,
Golden flackert die Flamme!
Auszug aus dem Volkslied „In Kümmernis und Dunkelheit“, das in der deutschen Demokratiebewegung während der Märzrevolution von 1848 entstand. Nach der Gründung des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold wurde es in den Liederkanon des Verbandes aufgenommen und beschwor den Kampfgeist für die Republik.
Die Gesprächspartner
Sebastian Elsbach ist Politikwissenschaftler und Historiker. Als Angehöriger der Forschungsstelle Weimarer Republik an der Universität Jena im Forschungskolleg „Das demokratische Gewaltmonopol der frühen Weimarer Republik, 1918-1924“ hat er vor allem zur Geschichte des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold geforscht.
Dennis Werberg ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr. In seiner Dissertation untersucht er den „Stahlhelm – Bund der Frontsoldaten“ als antirepublikanische Veteranenorganisation und Sammlungsbewegung, die seit den späten 1920er Jahren in einem zunehmend konfliktgeladenen Verhältnis zur aufstrebenden NSNationalsozialismus-Bewegung stand. Dabei nimmt Werberg auch die Geschichte des Bundes über die Zäsuren von 1933 und 1945 hinaus in den Blick.
Die Nutzung der Rede des Reichsbanner-Vorsitzenden Dr. Felix Felgentreu am 22. Februar 2024 erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Landtages Sachsen-Anhalt
Die Innere Führung prägt das Selbstverständnis und die Führungskultur der Bundeswehr. Zu ihrer Erläuterung gibt es nun zwei Handbücher: das erste Handbuch von 1957, damals vorrangig für Offiziere gedacht, und seine Neufassung von 2023. Was macht beide Bücher aus und warum brauchte es ein neues? Auf diese Fragen gibt Oberst Börgers aus dem Zentrum Innere Führung Antwort.
Keine Ablösung, sondern Ergänzung
Zum 68. Gründungstag der Bundeswehr veröffentlichte das Koblenzer Zentrum Innere Führung das neue „Handbuch Innere Führung“. Das „Geburtstagsgeschenk“ für die Streitkräfte und deren Soldatinnen und Soldaten greift im Titel bewusst auf die Vorgängerversion von 1957 zurück. Die Neuveröffentlichung soll das Original dabei nicht ablösen, sondern ergänzen, denn beide Werke bleiben nebeneinander bestehen und gültig.
Russlands Vollinvasion der Ukraine 2022 und die damit einhergehende Zeitenwende machte eine Neufassung nötig. Heute gilt es Innere Führung stärker unter der Prämisse der vollen Einsatzbereitschaft wahrzunehmen. Die Innere Führung sollte mit Blick auf die neuen Herausforderungen „fit für das 21. Jahrhundert“ gemacht werden. Daraus ergab sich für das Zentrum Innere Führung der Auftrag ein neues Handbuchs herauszugeben. Nun kann gemeldet werden: Mission accomplished.
Interview
Oberst Dieter Börgers ist Projektstabsoffizier im Leitungsbüro des Zentrums Innere Führung in Koblenz. Für das neue Handbuch Innere Führung war er Projektoffizier.
Major Michael Gutzeit ist Leiter der Informationsarbeit des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr).
Nach über 10 Jahren endeten 2023 die zwei Auslandseinsätze der Bundeswehr im westafrikanischen Mali. Mit EUTM und MINUSMA beteiligte sich die Bundeswehr im Rahmen von Mandaten der VN und EU. Aber welche Lehren ziehen wir aus den Einsätzen in Westafrika und welches Vermächtnis hinterlassen wir?
10 Jahre: Ein Land, zwei Einsätze
Mit dem Abzug der deutschen Einsatzkräfte aus dem westafrikanischen Mali im Dezember 2023 endete dort das Auslandsengagement der Bundeswehr. Mit ihrem zehnjährigen Engagement trugen die deutschen Streitkräfte dazu bei die bedrohte Existenz des malischen Staates zu sichern und das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu steigern. Mali ist ein Staat im westen Afrikas in dessen Grenzen die Bundeswehr in zwei Auslandseinsätzen ihren Beitrag zur internationalen Sicherheit leistete.
Die Trainingsmission EUTM (European Union Training Mission Mali) der Europäischen Union sollte die malischen Partner dazu befähigen mit ihren eigenen Sicherheitskräften die Sicherheit für die Bevölkerung im eigenen Land zu übernehmen. Dazu wurden die malischen Streitkräfte ausgebildet und beraten. Insgesamt rund 4.100 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr konnten mehr als 16.000 Angehörige der malischen Sicherheitskräfte ausbilden.
Die UN-Stabilisierungsmission MINUSMA (Multidimensional Integrated Stabilization Mission in Mali) sollte Mali stabilisieren und unter anderem ein Abkommen ehemaliger Bürgerkriegsparteien absichern. Im Gegensatz zu EUTM war der Personaleinsatz bei MINUSMA viel höher: In den Bereichen Aufklärung, Lufttransport und MedEvac waren über 20.000 deutsche Soldatinnen und Soldaten im Einsatz.
Diskussion, Austausch und Expertise
Verschiedene Expertinnen und Experten aus Politik, Wissenschaft und Streitkräften diskutierten am Ehrenmahl der Bundeswehr auf dem Geländes des Verteidigungsministeriums in Berlin. Auf dem Podium sprachen am 09. April 2024:
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Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses
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Generalleutnant Gunter Schneider, Abteilungsleiter Militärstrategie, Einsatz und Operationen im BMVg
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Dr. Christian Hartmann, Militärhistoriker, ehem. Leiter Forschungsbereich Einsatz am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr
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Hauptmann Dr. Torsten Konopka, Chief of Staff Assistant EUTM (2015) und Herausgeber des „Wegweiser zur Geschichte – Mali“
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Moderation: Fregattenkapitän Christoph Jan Longen, BMVg
Die Einführungsworte sprach Dr. Jasper Wieck, Abteilungsleiter Politik im BMVg.
Das Dialogformat „Gespräche am Ehrenmal“ am Berliner Sitz des Bundesministeriums der Verteidigung widmet sich wiederkehrend Themen der Erinnerungskultur, dem Selbst- und Traditionsverständnis der Bundeswehr und ihrem Verhältnis zur Gesellschaft. Gäste sind Zeitzeugen, Experten oder Soldatinnen und Soldaten. Gesprochen wird im sogenannten Raum der Information am Ehrenmal der Bundeswehr. Soldatinnen und Soldaten können sich durch Einreichung von Fragen im Vorfeld auch direkt an der Diskussion beteiligen.
Produktion
Aufnahmeleitung: Steffen Müller
Schnitt: Fregattenkapitän Christoph Jan Longen / Fregattenkapitän Dr. Leonie Hieck
Am 15.04.2024 ist der zehnte Jahrestag des Beginns der ukrainischen militärischen Anti-Terror-Operation (ATO) gegen russische Separatistengruppen im Donbas. Diese Operation markiert die erste aktive Auseinandersetzung der Ukraine mit der russischen hybriden Kriegführung. Auch in der westlichen Debatte ist der Begriff „Hybride Kriegführung“ nun weit verbreitet und viel diskutiert.
Konzept und Herausforderung
Nach 10 Jahren andauernder Debatte widmet sich diese Folge von Zugehört den wiederkehrenden Fragen zum Thema hybride Kriegführung. Auch Deutschland, Europa, EU und NATO sind von hybrider Kriegführung direkt wie indirekt betroffen. Beispielsweise heute im Kontext der Unterstützung für die Ukraine in ihrem Verteidigungskampf. Das schließt auch die Streitkräfte der Bundeswehr mit Ausbildung, oder die deutsche Unterstützung durch Waffenlieferungen ein.
Hybride Kriegführung beschreibt die horizontale und vertikale Entgrenzung der Gefechtsfelder. Der Fokus liegt hierbei nicht auf dem militärischen Handlungsfeld, sondern im Operieren in den Grauzonen von Schnittstellen und das Nutzen von unorthodoxen Mittel- und Methodenkombinationen.
Aber was ist das Konzept der hybriden Kriegsführung? Wie sah hybride Kriegführung vor 10 Jahren aus und wie heute? Welche Methoden werden bei der hybriden Kriegführung genutzt und vor welchen Herausforderungen stehen wir? Diese und weitere Fragen werden in der 67. Folge von „Zugehört! Der Podcast des ZMSBw“ im Gespräch mit Oberst Dr. Johann Schmid und Major Michael Gutzeit beantwortet.
Interview
Oberst im Generalstabsdienst Dr. Johann Schmid forscht derzeit zum Themenkomplex hybride Kriegführung am ZMSBw und lehrt als Dozent an der Universität Potsdam. Vormals war er u.a. Director Strategy & Defence am European Center of Excellence for Countering Hybrid Threats (Hybrid CoE) in Helsinki.
Major Michael Gutzeit ist Leiter der Informationsarbeit des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw).